Lina, Sascha und Raik erfolgreich bei der DEM Ü30 am Nürburgring

Den ersten Kampf gegen die Waage konnten Lina und Sascha bereits am Freitagabend beim Einwiegen verbuchen! Sascha wog zuerst dreihundert Gramm zu viel, doch nachdem er bereits fast 9 kg in den zwei Wochen zuvor abgekocht hatte und schon völlig platt war, konnte er nach einem kleinen Toilettengang doch noch eine Punktlandung vollbringen, strich 100,00 kg. Bei Lina war es komfortabler, sie brachte pünktlich die erforderlichen 78 Kg mit Kleidung, auch ohne Toilettengang, seit Januar reduzierte sie kontinuierlich ihr Gewicht um ca. 10 kg, um im gewünschten Limit anzutreten. Raik war davon völlig ausgenommen, er war einer der leichtesten in der offenen Gewichtsklasse +100 kg. Noch vor dem Zu-Bett-Gehen mischte sich das wohlige Gefühl der Erleichterung mit dem der Anspannung vor dem Start.

Am Samstag früh hieß es dann „Let’s get ready to rumble“, Linas Gewichtsklasse begann gegen 11 Uhr, sie musste in ihrem ersten Kampf gleich gegen die amtierende Deutschen Meisterin, Julia Gottwald vom JSK Rodgau 1888 aus Hessen, antreten. Nach vorsichtigen Abtasten in der Anfangsphase konnte Lina immer wieder mit Fußtechniken, Abtauchern und gefährlichen Übergängen in den Boden den Kampf bestimmen. Nach knapp zwei Minuten erzielte Lina mit einer ihrer Spezialtechniken, Ko uchi gari (kleine Innensichel), eine Wazari-Wertung. Nun wurde auch die bis dahin blasse Hessin aktiver und versuchte Lina mit einer Vor-zurück-Kombination anzugreifen. Doch Lina konnte den Angriff stehen und sich bei der daraus resultierenden Bodensituation entscheidend durchsetzen. Sie griff das Revers ihrer Rivalin dicht am Hals und ging blitzschnell in eine Würgetechnik, die sofort Wirkung erzielte. Julia Gottwald klopfte ab und gab auf. Dieser Kampf war entscheidend für den weiteren Verlauf des Turniers, in dem Lina die weiteren drei Kämpfe in dominanter Weise gewann und recht souverän den Titel holte.

Linas erster Kampf

Andere Vorzeichen hatte Sascha, denn nach dem Gewinn des Titels im letzten Jahr war er in diesem Favorit. Mit dem ersten Hajime (Startkommando im Judokampf), war Sascha voll da, in keiner Phase ließ er Zweifel aufkommen, wer hier das Kampfgeschehen bestimmt. Mit einer brachialen Durchsetzungsfähigkeit seines eigenen Griffes dominierte er jederzeit seinen Gegner. Vorzeitig verließ Sascha, nachdem er seine Spezialtechnik, einen Uchi Mata (innerer Schenkelwurf), durchsetzte, die Tatami (Mattenfläche). Auch in den darauffolgenden beiden Kämpfen änderte sich nichts am Auftreten, nur die Siegtechnik im Finale, ein wunderschöner Okurie ashi barai (Fußnachfegen), sorgte noch einmal für eine große Begeisterung und besiegelte für Sascha erfolgreich die Mission Titelverteidigung.

Saschas erster Kampf

Was wäre, wenn ich unsere beiden kleinen Töchter vor einigen Jahren nicht zur gleichen Tagesmutter gebracht hätte wie Raik? Ich hätte ihn nicht kennengelernt, nie erfahren, dass er vor Jahrzehnten auch Judowettkämpfer war und ihm auch nicht begeistert vom Judo in unserem Verein erzählen können. Seine Kinder und er würden jetzt wahrscheinlich kein Judo machen und hätten kein Judo-Comeback gefeiert, zumindest bei uns nicht. Doch es kam anders! Um 14:00 Uhr begannen die Kämpfer der Gewichtsklasse +100 kg. Raik hatte Glück, mit einem Freilos in der ersten Runde konnte er kampflos ins Halbfinale einziehen. Dort stand ihm kein geringerer als Jan Rehn vom TV 1860 Nassau aus dem Rheinland gegenüber. Raik begann beherzt gegen den deutlich schwereren und größeren Kontrahenten, mit einem Seoi Nage Ansatz versuchte er ihn gleich anfangs zu überraschen, leider ohne Erfolg. Der mit zahlreichen Medaillen und nationalen Titeln dekorierte Sportler des Jahres 2023 erwies sich für Raik nach etwa einer Minute als eine Nummer zu groß und beförderte ihn mit einem harten Soto maki komi (Außendrehwurf) auf die Matte und erhielt dafür einen Ippon (voller Punkt) der den Kampf vorzeitig beendete.

Somit blieb Raik bei seiner ersten Deutschen Meisterschaft nur noch die Chance, im kleinen Finale eine Bronzemedaille zu gewinnen. Gegen den Deutschen Vizemeister Günter Erdeli vom JC Grünberg begann Raik selbstbewusst und konnte den Kampf offen gestalten. Beide Kämpfer tasteten sich zu Beginn ab, ohne das ganz große Risiko zu suchen. Nach etwa der Hälfte der Kampfzeit konnte Raik mit einem überraschenden Seoi nage seinen Gegner auf den harten Boden der Realität bringen und erhielt dafür eine Wazari-Wertung, die er bis zum Ende verteidigen konnte. Mit dem Gewinn der Bronzemedaille konnte Raik seine Erfolgsgeschichte weiter schreiben. Raik Lüttke ist inzwischen nicht mehr aus dem Verein wegzudenken, weder als engagierter Judopapa noch als ausgebildeter Trainer, frischgebackener Dan-Träger, Chefdesigner all unserer Trophäen und Werbeprodukte. Er hat sich mit seinem Herzblut unentbehrlich gemacht, als toller Sportsmann und Freund ist er der Prototyp einer so noch nicht dagewesenen Geschichte und Vorbild für alle Spät- oder Wiedereinsteiger in den Judosport.

Meine Gratulation an Alle für diese tolle Erfolgsgeschichte!

Dirk Balke